Jan und Raphael haben an ihren ersten Olympischen Spielen in Paris teilgenommen und sind mit dem vierten Rang und einem olympischen Diplom nach Hause gerudert. Am 27. Juli wurden die Olympischen Spiele in Paris auf der Seine eröffnet. Da Jan und Raphael bereits am darauffolgenden Tag in ihren Vorlauf starteten und nicht wie die restlichen Athleten des Swissolympic Teams im Olympic Village übernachteten, mussten die beiden Leichtgewichtsmänner auf die Teilnahme an der Eröffnungsfeier verzichten. 

Jan und Raphael auf dem Weg zum Vorlaufssieg

Am Samstag, 28. Juli fiel dann endlich der Startschuss für den leichten Männerdoppelzweier auf dem Lac des Vairnes sur Marne. Der Stansstader und der Romands gewannen ihren Vorlauf souverän vor Spanien, Frankreich und Mexiko und qualifizierten sich damit direkt für den Halbfinal. Im Halbfinal vom Mittwoch, 31. Juli ruderte das Schweizer Boot gegen die Olympiasieger von Tokyo 2020. Die Iren gewannen mit drei Sekunden Vorsprung den Halbfinal. Jan und Raphael zogen dahinter auf dem zweiten Rang in den A-Final ein. Ebenfalls qualifizierten sich das Boot aus Tschechien, Norwegen, sowie das italienische Duo und zweifache Weltcupsieger der Saison 2024. Ebenfalls überraschend qualifizierte sich das Boot aus Griechenland, welches erst gerade noch im Mai an der finalen Olympia Qualifikationsregatta auf dem Rotsee das letzte Olympia -Ticket löste. 

Halbfinalrennen mit den Iren im Bild

Während Jan und Raphael am letzten Tag vor dem Karrierehöhepunkt die letzten Kilometer zusammen im Boot abspulten, machte sich eine grosse Truppe der Stansstader Fangemeinschaft auf den Weg in Richtung Paris. Der Headcoach Csaba fuhr mit dem Regattateam mit Rodrigo Costanzo, Jan Zumstein, Josua Niederberger, Anna Soland und Siria Murer im Clubbus morgens nach Paris. Auch Jürgen Träger, Katja Wintsch und Barbara Furler machten sich auf den Weg in Richtung Olympische Spiele. Ella Kopp und Gina Muri  waren bereits seit Dienstag in Paris als Fangemeinschaft unterwegs. Die Rennvelo Gruppe um den Vereinspräsidenten Remo Diethelm und Julian Flühler, die am Mittwoch in die Tour starteten und in zwei Tagen 500 km absolvierten, erreichten Paris am Donnerstag spät abends. Irina Aeschlimann und Serafina Merloni, welche bereits am Samstag losfuhren und die Reise nach Paris in sechs Tagen mit Veloferien verknüpften, beendeten ihre Veloreise unter dem Eiffelturm am Donnerstagnachmittag. 

Regattateam und Co

Am Freitag, dem 02. August fanden die beiden Finale mit Schweizer Beteiligung statt. Um 11:20 Uhr starteten Roman Röösli und Andrin Gulich im Männer Zweier ohne Steuermann. 40 Minuten später, um 12:02 Uhr war das Rennen des leichten Männerdoppelzweiers im Programm. Um 06:00 Uhr in der Früh fuhr die Stansstader Fangemeinschaft mit der Metro, dem Zug und Bus zur Ruderstätte. Nach einem kurzen Sicherheitscheck wurden wir auf das Fangelände reingelassen. Das Gelände überragte in seiner Grösse alle bisherigen Ruderstätten. Für knapp 60’000 Zuschauer bot der Ruderevent Platz für Fans, Freunde und Familie. Eine riesige Tribüne zog sich entlang den letzten 500 Metern der Rennstrecke und ragte hoch über die Bahnen hinaus. Die Tribüne füllte sich bald mit tausenden Ruderfans aus Irland, Holland, Frankreich, Großbritannien, Usa, Kanada und vielen weiteren Nationen. Doch auch die Schweizer waren zahlreich vertreten. Überall konnte man Schweizer Flaggen und Gruppen rot weisser T-shirts auf der Tribüne entdecken. Hinter der Tribüne gab es Essensstände, Souvenirshops und Freiwillige Helfer, die einzig und allein die Aufgabe hatten, von den Fans Fotos zu machen und Gruppenfotos für die Fans zu übernehmen. 

Ausschnitt der Zieltribüne

Pünktlich um 09:30 Uhr starteten die F, E, D, und C – Finale der Skiffs, sowie später dann die B-Finals der leichten Doppelzweier. Die Stimmung auf der Tribüne war grossartig, emotional und inspirierend. Für alle Athleten, seien diese noch so weit zurück auf den Rängen, wurde lautstark mitgefiebert, gejohlt, Fahnen geschwungen, geklatscht und gejubelt. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um ein Boot aus dem eigenen Land handelte oder nicht. Ja sogar bis zum Start, zwei Kilometer entfernt von der Tribüne, konnten die Ruderer und Ruderinnen die tausenden Fans im Ziel hören. Diese Atmosphäre findet man in keinem anderen Ruderrennen. Der olympische Spirit lag wortwörtlich in der Luft und es war unglaublich schön zu sehen, wie der Sport über die Landesgrenze hinweg Nationen verbindet und den Event für alle Beteiligten zu einem unvergesslichen Moment machen sollte. 

Ein erster Vorgeschmack, wie es bei Jans Rennen zu und her gehen sollte, lieferte uns das Rennen der Männer Zweier ohne. Mit einem packenden Endspurt, unter einer tosenden Fantribüne, sicherte sich das Schweizer Boot mit Roman und Andrin auf den letzten Metern die Bronzemedaille.  

glückliche drittrangierte Roman Röösli (Seeclub Sempach) und Andrin Gulich (Seeclub Küsnacht)

Um 12 Uhr wurde das Start-Line-up am grossen Bildschirm eingeblendet. Jede Nation wird dabei vorgestellt und bei jeder Nation wird noch lauter gejubelt. In der Mitte der Bahnen lagen die beiden Boote aus Italien und Irland, links und rechts davon die Schweizer und die Griechen. Ganz aussen sassen die Tschechen und Norweger. 

Dann ging es ruckzuck. Der Startschuss fiel und die sechs Boote schnellten aus dem Startschuh los. Die Italiener, Iren und Griechen zog bereits nach den ersten 250 Metern auf die vorderen drei Plätze, Jan und Raphael ruderten auf dem vierten Rang. Doch das brachte uns bis dahin noch nicht allzu gross aus der Ruhe. Die zweite Rennhälfte des Schweizerboots war in den vergangenen Rennen immer die bessere Hälfte gewesen. Doch dieses Mal sollte es leider nicht so sein. Während die drei vorderen Boote sich gegenseitig bekämpften und sich keinen Milimeter schenken wollten, schien das Schweizer Duo etwas Mühe zu haben in die Gänge zu kommen und so locker und selbstsicher zu rudern, wie wir es von ihnen kannten. Bald waren die drei führenden Boote nicht mehr in unmittelbarer Sichtweite von Jans Bugposition und die Boote auf Rang 5 und 6 lagen zu weit hinten, um den Schweizern gefährlich zu werden und sie unter Druck zu setzen. Die beiden jungen Schweizer mussten also quasi alleine das Rennen bestreiten, ohne Gegner zur linken und rechten Seite. Eine Aufgabe, die in einem olympischen Rennen eine ganz grosse Herausforderung darstellt. Auf den letzten 500 Metern schrien wir uns von der Tribüne die Seele aus dem Leib, in der Hoffnung, dass Jan und Raphael das Blatt noch wenden konnten und irgendwie an diesen Griechen auf den dritten Rang auffahren konnten. Doch heute sollte es nicht so sein. Mit zwei Sekunden Rücksprung auf den dritten Rang fuhren Jan und Raphael als viertes Boot über die Ziellinie. 

“Heartbreak for Switzerland“ meinten die beiden Iren im Siegerinterview, welche zum zweiten Mal in Folge olympisches Gold gewannen. “Herzzerreissend“ traff es wirklich gut. Jan und Raphael hätten olympisches Edelmetall genauso verdient, genauso gekämpft, genauso viel trainiert und geopfert, auf vieles verzichtet und ihr Bestes in das Rennen gesteckt. 

Und dennoch: vierter Rang an olympischen Spielen – eine wahnsinnige Leistung. Die Teilnahme an olympischen Spielen, und dann auch noch zu den vier besten der Welt zu gehören, das ist keine durchschnittliche oder alltägliche Leistung. Das ist eine aussergewöhnliche Leistung. Eine Leistung, von der die meisten nur zu träumen wagen.

SCS Fangemeinschaft mit Jan im Maison Suisse in Paris

Lieber Jan und lieber Raphael, auch wenn nun die Enttäuschung noch gross sein mag, so wollen wir euch wissen lassen, dass wir riesig stolz auf euch sind, auf eure vergangenen Siege, (die euch keiner nehmen kann), auf euren Kampfgeist, eure Leidenschaft für den Rudersport und eure Art und Weise, wie ihr auf und neben dem Regattaplatz ein grosses Vorbild für jüngere Generationen darstellt. Ihr habt mit eurem Doppelzweier mehr als nur ein Boot bewegt. Ihr habt eine ganze Rudernation, JuniorInnen, Familie, Freunde, Nachwuchstalente, TrainerInnen und Ruderbegeisterte bewegt und darauf dürft ihr stolz sein. Wir danken euch für wundervolle, spannende, nervenaufreibende und inspirierende  Saisons. Nun wünschen wir euch gute Erholung, wohlverdiente Ferien und freuen uns auf eure Zukunft, wo auch immer diese liegen mag. 

Bilder: Detlev Seyb / Serafina Merloni / Jan Zumstein 

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